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Abrissstimmung

Unter Schuttbergen liegt die Rolltreppe. Früher führte sie außen am Gebäude, direkt neben dem Bahnhofseingang, in den zweiten Stock hinauf. Jetzt sieht man nur noch das oberste Stück. Der Rest ist unter dem Gewirr aus Beton und Stahlteilen versunken. Der Franz-Josefs-Bahnhof ist aber weiterhin in Betrieb. Es ist nicht der erste Umbau seit seiner Errichtung 1872. Immer wieder wurde der Bahnhof erweitert oder renoviert. Die große Umgestaltung vor mehr als 40 Jahren verwandelte den Bahnhof in einen Glasfassaden-Mehrzweckbau mit Zuganschluss. Diesmal wird am Ende wohl ein Shoppingcenter stehen, in dem ein versteckter Gang beinahe zufällig auf die Bahnsteige führt. Die auf den Bauzäunen rund um das Gebäude hängenden Transparente versprechen für die Zukunft „großflächige Büros“ und eine „Vielfalt an Einkaufsmöglichkeiten“.
Noch ist hier aber nichts als Abrissstimmung. Dort, wo früher Wartehalle und Fahrkartenschalter zu finden waren, trennen Bauzäune einen kleinen Gang vom Rest des Bahnhofsinneren. Ein Ticketautomat steht draußen, die Halle dient nur mehr dazu, durch die Baustelle zu den Bahnsteigen zu gelangen. Dort kommen Züge aus Krems an der Donau, České Velenice und Sigmundsherberg an und fahren zu eben diesen Orten ab.
Es scheint ein Bahnhof fast ohne Angestellte zu sein. Ein ÖBB-Mitarbeiter steht vor dem Gebäude, raucht und vertritt sich die Beine. Als er fertig ist, schlendert er wieder hinein. Nun strömen auch zwei Handvoll Fahrgäste heraus. Vor ein paar Minuten ist einer der wenigen Züge eingetroffen, die hier noch verkehren.
(Wien/sl)

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