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„In den Krieg geschickt werden die Armen“

„Der 15. Mai 1982 war der schönste Tag meines Lebens“, sagt Alois Reisenbichler und lächelt. Wir sitzen am Infotisch der Wiener Friedensbewegung am Südwind-Straßenfest. Während Reisenbichler von friedenspolitischen Aktivitäten der 70er- und 80er-Jahre erzählt, bleiben immer wieder Menschen stehen. Mit langjährigen Bekannten wechselt er ein paar freundliche Worte. Anderen drückt er ein Flugblatt in die Hand und bedankt sich für das Interesse. Dabei vergisst er zu erwähnen, was an jenem Tag vor 40 Jahren passiert ist.
Reisenbichler ist eine Ikone und für viele das Gesicht der österreichischen Friedensbewegung. Seit Jahrzehnten engagiert er sich gegen Atomwaffen und Atomkraft, für Neutralität, Abrüstung und internationale Solidarität. Angesichts des Krieges in der Ukraine und dessen weitreichenden Folgen könnte man meinen, er müsste frustriert sein. Doch das Gegenteil ist der Fall. Er erzählt von den Erfolgen der Friedensbewegung: Zivildienst, Verbot von Antipersonen-Minen, breite Ablehnung von Atomwaffen und AKW in der Bevölkerung.
„Wir werden oft belächelt“, sagt er, „und wenn Millionen sagen: man kann eh nix machen, dann passiert nix. Aber wenn ein paar doch etwas machen, können sie mit der Zeit viel bewirken.“ Der Ukraine-Krieg sei natürlich eine große Niederlage für die Friedensbewegung. Und sogar er als Pazifist könne verstehen, dass sich Betroffene wehren. Aber am Ende gebe es immer zwei Gewinner: die Rüstungsindustrie und die Waffenhändler. „In den Krieg geschickt werden die Armen“, sagt er, „und die Bomben fallen den normalen Leuten auf den Schädel“.
Und was war am 15. Mai 1982? „Wir haben die erste große Demo gegen Atomwaffen organisiert“, sagt Reisenbichler. Gerechnet habe man damals mit ein paar tausend Leuten. „Und dann war der ganze Rathausplatz voll“.
(Wien/sl)

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