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Kein Lärmen, kein Lachen

Von weitem schon leuchtet das Riesenrad durch die windige Nacht. Kalt ist es nicht, und Schnee liegt ohnehin fast nie in der Stadt. Der Wind aber rauscht durch die Äste der Bäume, die den Weg zum Eingang des Wurstelpraters säumen. Am großen Platz sitzen ein paar Menschen und trotzen den Böen. Die wenigen Spaziergänger verlieren sich auf den Wegen zwischen den geschlossenen Attraktionen. Der Praterdome ist stumm, das Autodrom gegenüber steht still, ein Stück weiter ruhen die riesigen Schaukeln und Schleudern. Kein Langosgeruch liegt in der Luft, kein Lärmen und Lachen.
Je weiter man vordringt zwischen Geisterhäusern und Achterbahnen, desto ruhiger wird es. Kein Mensch ist mehr zu sehen. Manche Wege sind dunkel, viele jedoch trotz der einsamen Stunde beleuchtet. Bunte Lampions schweben durch die Luft, Lichterketten führen zwischen geschlossenen Schieß- und Würstelbuden durch – als sei jeden Moment mit der Rückkehr der Vergnügungssuchenden zu rechnen.
Die Sitze des Riesenkarussels schaukeln hoch oben im Winterwind. An einem hängt eine knatternde Fahne. Die Gläser der Straßenlaternen klirren. Ums Eck bewacht der Teufel den schlafenden Toboggan. Da vorne steht jemand, mehrere sogar. Aber sie bewegen sich nicht und werden auch den Rest der Nacht hier stehen. So wie der menschengroße Clown auf der Bank, in seinem Rücken die Rollbalken des Fahrgeschäfts, das wohl erst im Frühling wieder öffnet.
Dann tauchen doch noch ein paar lebendige Spaziergänger auf und sind gleich wieder verschwunden. Ein Polizeiauto fährt ein paar Gassen weiter durch den Prater; sie haben nichts zu tun hier. Aus einem geschlossenen Wirtshaus ist leise Musik zu hören. Oder spiegelt nur die Erinnerung die Töne vor? Der Wind wird kälter. Zeit, in die Stadt zurückzukehren.
(Wien/sl)

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