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Windräder und eine Königskatze

Eine Gärtnerin rollt in einem kleinen Kastenwagen an uns vorbei. Sie hält bei einem langen Tisch, steigt aus, hebt einen Teddy und einen Plüschhund auf und stellt sie zurück auf den Tisch zu über drei Dutzend Artgenoss:innen. Der Wind bläst stark an diesem Freitagmorgen in Simmering.
Der Pfad führt uns weg vom Pavillon der Gruppe 35B. Macht einen Bogen um die Stofftiere. Rechter Hand ist ein Schild umgefallen. Ich frage mich, ob es angemessen ist, auf den Rasen zu treten, um es aufzustellen, so ganz ohne Kastenwagen. Dahinter und linker Hand markieren gerade Reihen bunter, flatternder Windräder die vorübergehenden Ruhestätten von Sternenkindern und anderen viel zu früh verstorbenen Wiener:innen. Zehn Jahre können sie hier bleiben. Die Eltern zahlen nichts. Ich habe plötzlich eine Ahnung, warum viele Jugendliche meiner Gruppe verhindert sind an diesem besonderen Wandertag. Der Babyfriedhof ist der am liebevollsten gepflegte und unerträglichste Ort am Zentralfriedhof.
Wir gehen im Zickzack. Von den Babys und Kindern geht es zum Widerstandsdenkmal und dem Denkmal der Gefallenen vom Justizpalastbrand. Dahinter hüpfen zwei Rehe vorbei. Falcos Ehrengrab sticht aus der Gruppe 40 heraus, wo auch mehr als tausend Widerstandskämpfer:innen liegen.
Später sehen wir Udo Jürgens’ zugedeckten Flügel, das schwingende Porträt Hedy Lamarrs („Cool! Das ist die mit dem WLAN, oder?“). Dahinter thront die Königskatze von Manfred Deix – den keiner meiner Begleiter kennt.
Ganz in der Nähe hat ein humorvoller, noch lebender Unternehmer das alte Familiengrab pimpen lassen: Wir entdecken Edding-artige Inschriften in den Bögen, Freimaurer-Werkzeuge, einen Heißluftballon, das Eurozeichen in einer stilisierten Kolonnade. An den Seiten prangen ein Om und der Name „Chicco“. Friedhöfe sind oft irritierend. In Kaiserebersdorf darf man auch lachen.
(Wien/zs)

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