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Pratergrusel

Am Praterstern explodieren Böller, als wäre das Jahr schon zu Ende. Doch bis es soweit ist, sind noch die dunkelsten Wochen zu überstehen. Die beginnen mit heidnischen Feiern, Kürbissen und Gummimasken. Da ist auch der Prater mit von der Partie. In der frühen Dunkelheit strömen Tausende in Richtung des ganzjährig geöffneten Vergnüngungsparks – denn noch schöner ist es, wenn man sich durch Massen quetschen muss.
Gitter versperren den Haupteingang. Wo man hinein darf, wissen die neonbejackten Securities auch nicht so genau. Also den Massen nach. Es werden immer mehr, und drinnen sind schon alle Wege zwischen Geisterbahn, Autodrom und Pommesbuden verstopft. Keiner weiß wohin. Vorbeigehende kreischen Fremden ins Gesicht – es ist ja Halloween. Kinder mit Scream-Masken, Eltern mit Kunstblut im Gesicht. Kostüme von der Stange neben aufwändigen Schminkkunstwerken.
Dann geht nichts mehr weiter. Ein paar Gruselclowns schaukeln auf einem Wagen vorbei, danach die Addams Family, dann noch ein Skelett. Im Hintergrund leuchtet das blutrot angestrahlte Riesenrad durch den letzten Oktoberabend. Die Halloween-Parade ist der Höhepunkt dieses Events. Jugendliche mit gezückten Handys sind hörbar enttäuscht. Das ist alles? Nun ja. Man bleibt trotzdem stehen. Jetzt gibt es ohnehin kein vor oder zurück. „Das wäre eine gute Gelegenheit, ein Kind loszuwerden“, sagt jemand. Aber hier wird niemand verstoßen. Nachdem die Parade vorbeigezogen ist, ziehen die Securities Gitter zwischen den Schaulustigen hin und her, für die es nichts mehr zu sehen gibt. Es wird noch enger und alle wollen weg. Dann endlich ein Schlupfloch. Ab zur Liliput-Bahn, die heute als Geisterbahn durch die Nacht zuckeln soll. Doch die Liliput-Bahn ist kaputt. „Technisches Gebrechen“, erklärt die heisere Angestellte. Die Hauptallee ist neblig-finster, das Laub auf den Wegen glänzt feucht. Irgendwo in der Ferne knallt es.
(Wien/sl)

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