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40.000 Tölpel

Vielleicht war Bibo, obwohl eher ein Strauß, einer von angeblich 40.000 Tölpeln, die neulich durch die Innenstadt schwirrten. Wir verdanken auch diesen Vögeln die Rückkehr in die Volière. Und Küken warten auf Herz-OPs.
Ich kenne da einen Mann in Pinguingestalt, der gibt online den großen Versöhner. Zu den Tölpeln meint er nur, das seien ja nicht nur Nazis. Er ist aber auch herrlich inkonsequent: Denn trotz des libertären Topfens, den er mit der Welt teilt, hat er sich impfen lassen. Fotos davon postet er.
Mir fällt mein Stiefvater ein. Der war schon immer ein komischer Kauz. Schrullig, sicher: Nein, diese Mainzer Genspritze und die Imperialistendinger will er nicht. Aber Impfen, doch, grundsätzlich eh! Immerhin. Also fahren meine betagten Eltern hunderte Kilometer nach Belgrad. Da gibt es ja ein großes Menü für Zugvögel aus der ganzen Region. Die Mainzer Genspritze, die Imperialistendinger. Und auch den Vodka und die Peking-Ente unter den Impfungen. Mein Stiefvater nimmt letztere. Sie klingt wie ein Exkanzler. Eh schon wissen, der mit dem Hahnenschnabel.
Ich bin erleichtert, als ich die Genspritze bekomme. Es ist ein unspektakulärer, sonniger Frühlingstag in Kaisermühlen. Clown-Doktoren musizieren. Sogar nach dem Boostern im Herbst sind mir keine Flügel, kein zweiter Schabel gewachsen.
Sonntag gehen wir mit Freunden spazieren. Zuletzt trafen wir uns im Feber in Schönbrunn, und damals begegneten uns heimische Enten im Nebel. Wir drehen Runden am Hernalser Friedhof. Sie lockt Krähen und Raben mit Zwieback an. Die halten sich an Human Distancing. Einmal warten wir sicher fünf Minuten, bis ein Tier mutig voran hüpft. Und dann sind da alle Krähen dies- und jenseits der Mauer. Ich überfliege die Daten neuerer Gräber und frage mich, wie viele von denen „an oder mit“ oder wegen Leugnern in Spitalsbetten krepiert sind.
(Wien/zs)

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