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„Man versucht sich hineinzuversetzen“

„Ich will keinen Stress im Leben“, sagt Nupi Jenner und lässt den Blick durch die Räume seiner Werkstatt in der Leopoldstadt schweifen. Halbfertige Instrumente liegen herum, Bauteile, Werkzeug. Weiter hinten lagert Holz, einen Raum weiter stehen Maschinen. Über allem liegt ein Geruch von Holzstaub.
Jenner hat sich auf den Bau alter Instrumente spezialisiert: Gamben, Leiern oder Lauten, wie sie in der Renaissance- und Barockzeit gespielt wurden. Auch Folk-Instrumente wie die Nyckelharpa baut er. So manches Stück produziert Jenner, ohne Vorbilder dafür zu haben, weil das jeweilige Instrument seit Jahrhunderten nicht mehr gebaut wird. Dann zieht er historische Quellen zurate. „Für die Streichleier gab es nur Bilder von Michael Praetorius aus dem 17. Jahrhundert“, sagt er. Mithilfe solcher Abbildungen und jahrzehntelanger Erfahrung ist es ihm möglich, historische Stücke nachzubauen. Auch von Drehleiern und Gamben habe es lediglich Skulpturen oder Abbildungen in Kirchen gegeben. Am Ende entsteht ein Instrument, das den historischen Vorbildern möglichst nahe kommt. „Aber letztlich sind es Fantasieprodukte“, sagte er. Denn genau wisse man nicht, wie manche Instrumente konstruiert waren oder wie sie geklungen haben. Zudem verwende man teilweise andere Materialien – nicht zuletzt bei den Saiten. Einen Anspruch auf Authentizität gebe es deshalb nicht, auch wenn er sich bemühe, nahe an die Vorbilder zu kommen. „Man versucht sich hineinzuversetzen“, sagt er, und das sei eine spannende, abwechslungsreiche Arbeit. „Es ist bereichernd, sich mit Dingen zu beschäftigen“.
Weil er keinen Stress mag, hat Jenner, der auch in der HTBLA Hallstatt Instrumentenbau unterrichtet, nie Werbung gemacht. Wenn man Qualität liefere, dann funktioniere es. „Oft kommen Leute vorbei und fragen, wann geöffnet ist“, sagt er lächelnd, „aber ich hab keine Öffnungszeiten. Wenn ich da bin, bin ich da.“
(Wien/sl)

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