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Mein Kind kann das

Vorm Aquarium mit den Korallen seufzt sie: „Da sind meine Lieblingsfische.“ Bewusste Atempause. „Die sind ihr Leben lang monogam.“ Meine Augen treffen auf den Dürren.
Einmal brüllte die Fischtochter das Ottakringer Bad zusammen. Er wollte sie trösten. Kam aber nicht dazu, weil die Damals-nicht-Runde das Kind hoch riss. „Gib her, du kannst das nicht!“, zischte sie. „Scheißkind! Alles muss ich selber machen!“, rief sie immer, wenn sie Emma an uns vorbeischob. Nach 20 Minuten stieß sie ihm den Buggy zu und schrie: „Da, mach auch mal was!“
Wenn Emma gerade nicht schreit, macht die Runde gerne Vergleiche wie bei Christoph und Lollo: „Mein Kind kann das schon, aha, dein Kind kann das also noch nicht?“
Junior will „die schiachen Vögel“ sehen, also auf zu den Waldrappen. Emma hier, Emma da, Emma schau. Die Runde knipst noch ein Foto für WhatsApp und eins für die Wand, wo der Glitzer-Gipsabdruck vom Babybauch hängt.
Dann ist da noch Blondie. Auch Blondie gibt Schnappschüsse seiner Söhne in WhatsApp- und Insta-Stories. Der Social-Media-Papa ist sehr darauf bedacht, vor Freunden und Kolleginnen zu glänzen. Online mit Engagement, analog mit Abwesenheit. Da sind Fotos vom Eiersuchen beim Schloss, dort welche von einem Mittelalterfest. Bei letzterem war er sich zum Verkleiden zu fein. Dutzende Likes und Herzerln zieren diese Posts.
Immer wieder poppen Bilder transatlantischer Kurztrips auf, wo die Buben fehlen. Niemand hinterfragt das. Während die Runde dem Dürren nichts zutraut, außer sie zu schwängern, nimmt sich Blondie selbst aus dem Alltag raus. Die Runde lässt den Dürren nichts Wichtiges machen, während Blondie nichts Wichtiges macht. Die Runde fragt sich, warum der Dürre monatelang am Bau übernachtete. Blondie fragt sich, warum die Kindsmutter von seinen Trips angefressen ist.
(Wien/mm)

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