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Nur Tauben leben hier

Sieben Stockwerke erhebt sich der Block am Höchstädtplatz. An der Frontseite blicken auf jeder Ebene 25 Fenster auf die Marchfeldstraße. Dutzende Tauben sitzen auf Fenstersimsen und auf einem Vorsprung ganz oben, direkt unter dem Dach. Sie sind die einzigen sichtbaren Lebewesen, die derzeit den ehemaligen Sitz des Globus-Verlags und des Zentralkomitees der KPÖ besiedeln. Ansonsten ist das markante Gebäude verlassen. Alle 175 Fenster sind schmutzig, viele besprüht. „KAOS“, steht da oder „RAUB“, mehrmals „ACAB“. Die Scheiben im dritten Stock sind mit reflektierendem Sichtschutz beschichtet – als ob sich dahinter Geheimes verberge. Vermutlich aber ist alles leer in diesem knapp 70 Jahre alten Haus.
Anfang 1954 begannen die Bauarbeiten. Zunächst als Sitz von Verlag und Redaktion der Volksstimme geplant, zog schließlich auch die KPÖ-Leitung ein. Gedruckt wurde in einem angrenzenden Nebengebäude. Vier Jahrzehnte lang residierten die Partei und ihr Verlag hier mitten in der Brigittenau. Ab 1990 räumte die KPÖ Stockwerk um Stockwerk, vermietete Teile des Hauses, bis sie es 2004 schließlich verkaufte. 2018 wurde das Globus-Haus unter Denkmalschutz gestellt.
Nun steht es wohl kurz vor der Renovierung. An die Rückseite grenzen Rohbauten, hinter diesen klafft eine Baugrube, Kräne drehen sich über das Dach. Von allen Seiten wird das Gebäude umzingelt, das früher diese Ecke der Stadt dominierte. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht bereits ein deutlich höherer Wohnblock. Das vor einigen Jahren fertiggestellte FH-Gebäude greift über die Straße und endet erst am Höchstädtplatz, nur wenige Schritte vor dem Globus-Haus. Daneben stehen ein Mahnmal für NS-Opfer und Widerstandskämpfer:innen sowie eine Büste des ehemaligen KPÖ-Vorsitzenden Johann Koplenig. Hinter diesen ragt der Block am Höchstädtplatz wie ein drittes Denkmal in den Himmel.
(Wien/sl)

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