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So viele Menschen!

Wolken ziehen über die Wiese. Frühherbstlicher Abendnebel vermischt sich mit Adana-Kebap-Schwaden. Musik, Lachen, Geschrei. Bunte Glühbirnen, vereinzelt Scheinwerfer. Der erste Tag des Volksstimmefests geht in die Nacht über.
„So viele Menschen!“, war wohl der am häufigsten ausgesprochene Satz an diesem Septemberwochenende. Wo man hinsah Schlangen. Vor den WC-Containern, vor dem Baumkuchenverkauf, vor den Bierständen, den Bühnen und in den Zelten, wo Diskussionen stattfanden, zwischen den Bäumen auf der Wiese: überall Menschen. Als wären heuer doppelt so viele da, weil das Fest im vergangenen Jahr von Corona gestrichen worden war.
Auf der großen Bühne spielt die Tschuschenkapelle, auf der kleineren etwa zweihundert Meter gegenüber Clara Luzia. Wir stehen trinkend und gut beschallt genau dazwischen. Das Bier ist warm – die Kühlung kommt der Nachfrage nicht nach –, die Luft wird kälter. Später, am Heimweg übers Festgelände, grölt aus dem Dunkel eine Gruppe: „Wir sind die junge Garde des Proletariats …“ Ob sie es tatsächlich war?
Sonntag da capo. Vor der Kasperlbühne stapeln sich die Kinder fast übereinander. Das Plattlspiel ist gut besucht – wie seit Jahrzehnten. Die Sonne brennt einigen den letzten Sonnenbrand der Saison ins Gesicht – und kaum ist sie weg, droht die Septembernachtkälte mit dem ersten Schnupfen.
Alle treffen gute alte Freunde, denen sie nur hier begegnen. Einer von diesen stellt eine Flasche serbischen Quittenschnaps auf den Tisch. Während auf anderen Bierbänken die Welt erklärt und gerettet wird, werfen wir einander Heiterkeit zu. Auf der Sigi-Maron-Bühne singt Rainer Krispel Lieder vom Bühnennamenspatron, von Johnny Cash oder Arik Brauer. Im Zelt ein paar Steinwürfe weiter kommt Chris Peterka gerade zum Refrain: „Wir sind die junge Garde des Proletariats …“ Wir sitzen trinkend und gut beschallt genau dazwischen.
(Wien/sl)

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