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Brückenbauen

Irgendwann nach der Schweigeminute erklimmt eine Schriftstellerin die improvisierte Bühne vorm Omofuma-Stein. „Jaffa ist in Israel!“, tönt es da neben mir. Zweimal. Es bleibt das einzige Widerwort. Eine jüdische Kollegin hatte die Autorin zuvor als „aus Jaffa, Palästina“ vorgestellt. Nadine Sayegh begrüßt alle in fließendem Französisch, dann auf Arabisch, und dabei zieht sie eine Kefije an. Schließlich spricht sie auf Deutsch. Sayegh ist Christin, und sie erzählt von der Vertreibung ihres Vaters während der Nakba; noch lieber aber davon, wie sie heuer mit einem jüdischen und einem muslimischen Paar feierte: Da fielen Ostern, Pessach und der Ramadan zusammen.
Gut tausend Leute sind zur zweiten „und hoffentlich letzten“ Friedensmahnwache der One State Embassy gekommen, einem jüdisch-arabischen Kunstkollektiv aus Döbling. In der Menge stehen die SPÖ-Politikerin Muna Duzdar – ihre Eltern stammen aus Palästina – und Pazifisten-Urgestein Alois Reisenbichler. Mehrere TV-Teams und ORF-Mikros sind da, ein paar Ex-Abgeordnete der Grünen, vor allem aber Kinder, Alte, Punks, jüdische Menschen neben Gojim. Sie gedenken aller zivilen Opfer seit dem Hamas-Massaker.
Die israelische Musikpädagogin Ruth Katz fragt die Menge: Was soll man denn sonst machen, außer für Frieden einzutreten? Die Langzeitaktivistin erinnert voll Wärme an eine Familie aus „Falestine“, mit der sich ihre in den 60ern ein Haus teilte. Das sei gegangen und lustig gewesen. Tröstliches Gelächter füllt die Reihen über die Kerzen hinweg. Der Künstler Osama Zatar vergleicht den Konflikt mit „Tom und Jerry“: Das gemeinsame Haus läge nach jedem Streit in Trümmern. Und die Musikerin Isabel Frey gibt antirassistische Lieder zum besten – auf Jiddisch. Eines handelt vom Brückenbauen.
(Wien/zs)

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